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Geschichten rund um die Unteroffiziere in Hambühren

 

Vorwort

An dieser Stelle möchte ich versuchen, in lockerer Abfolge Geschichten zu veröffentlichen, um an Begebenheiten zu erinnern, die an die vergangene Zeit erinnern sollen, als der Ort Hambühren noch eng mit der Existenz der Fernmeldeeinheit und den, in der Kaserne diensttuenden Soldaten verbunden war. Hierzu gehören Geschichten aus dem Dienstbetrieb (von denen nur wenige an die Öffentlichkeit gelangten) aber auch Begebenheiten, wie der nachfolgende Beitrag, der daran erinnern soll, dass die Hambührener Soldaten auch in kritischen Situationen mit den Ereignissen in und um Hambühren, zum Wohl der Allgemeinheit ihren Beitrag leisteten.

Peter Stübbe

 

Die Bundeswehr Hambühren - die Waldbrandfeuerwehr

Von Eike Paul Krueger

Die sechziger Jahre bescherten uns viele schöne Sommertage, für die Menschen auf der einen Seite eine wünschenswerte und erfreuliche Angelegenheit, auf der anderen Seite dagegen für viele mit Anspannung und Stress verbunden. Alle paar Tage loderten irgendwo in der Heide die Flammen auf, durch Unachtsamkeit verursacht, begannen der Wald oder die Heideflächen zu brennen. Mit Hubschraubern, Flugzeugen und von hohen Wachttürmen aus wurden die Wald- und Heideflächen beobachtet, um kleinere Feuer so schnell wie möglich zu erkennen und zu löschen. Da die ortsansässigen freiwilligen Feuerwehren oftmals nicht in der Lage waren, genug Personal für die Einsätze bereitzustellen, wurde die Bundeswehr um Hilfe gebeten, den Katastrophendienst zu unterstützen.

In Hambühren hatte es sich so eingebürgert, dass die Bevölkerung, wenn sie irgendwo eine Rauchwolke entdeckte, sofort in Hambühren anrief. Die Wache, meist der OvWa, verständigte dann die Feuerwehr. Die Bundeswehr wurde aber erst um Hilfe gebeten, wenn sich ein größerer Waldbrand entwickelt hatte. Dann wurde Alarm ausgelöst, und alles abkömmliche Personal mit Feuerpatschen bewaffnet, zu den Einsatzorten gebracht. Sobald die Sirenen auf dem Kasernendach ertönten, machte sich auch unsere zivile Küchenangestellte, Frau Wünsche, sie wohnte in Ovelgönne, auf den Weg zur Kaserne, belud ihren kleinen Lloyd mit einem Kessel gekühlten Früchtetee, sowie mit Tassen und Kelle und versuchte, uns in dem Brandgebiet zu erreichen. Laut Morsezeichen hupend erreichte sie auch meist ihr Ziel, sehr zur Freude der eingesetzten Soldaten und neidvoll bewundert von den fremden Truppen oder den Feuerwehrkräften.

Ein Waldbrand, welcher sich zwischen Wietzenbruch, Rixförde und Hambühren ausbreitete, gefährdete sogar den nordöstlichen Teil von Hambühren und die Kaserne. Hinter unserer Kaserne, in etwa Richtung Bahnhof, befanden sich noch zwei Baracken, aus Holz errichtet, bewohnt von mehreren Familien. Der Wald reichte noch weit an den Bahnhof heran, die jetzigen vielen Häuser und Gewerbebetriebe existierten ja noch nicht. Außer den wenigen ausgebauten Bunkern im alten Kern von Hambühren 2 gab es fast keine weiteren Gebäude. So konnte sich ein Brand schnell bis an die Kaserne ausbreiten. Die Familien in den erwähnten Holzhäusern räumten schon ihr Hab und Gut aus, um es vor den Flammen in Sicherheit zu bringen, als es endlich der Feuerwehr gelang, die Feuerwalze kurz hinter dem Hambührener Heuweg aufzuhalten. Der größte Heidebrand verwüstete viele hundert Quadratkilometer Wald- und Heidefläche.

Mit 2 Löschflugzeugen aus Frankreich und Hubschraubern aus Wietzenbruch sowie 2000 Soldaten aus dem Braunschweiger Raum war man im Einsatz. Das Hauptbrandgebiet lag nördlich von Celle, zwischen Oldendorf, Eschede und Hornshof an der B 191. Die Namen Quehloh und Starkshorn tauchten in jeder Brandmeldung auf. Aber auch in Richtung Fuhrberg und Rixförde brannte der Wald.

Ich war an diesem Tage mit meiner Mutter in Hamburg bei Bekannten und befand mich auf dem Rückweg nach Celle. Schon auf der Autobahn mussten wir teilweise mit Licht fahren, weil dicke Qualmwolken uns die Sicht nahmen. Als ich vom Bahnhof Celle nach Hambühren fuhr, war die Nähe des Brandes unverkennbar. Teilweise musste die Straße von Ovelgönne nach Wietze gesperrt werden, weil das Feuer dort die Bundesstraße zu überqueren drohte. Kleine Brandnester konnten aber rechtzeitig gelöscht werden. Alle entbehrlichen Soldaten befanden sich schon im Einsatz. Ich wurde unmittelbar nach meiner Ankunft mit anderen Kameraden in das Brandgebiet Richtung Rixförde gebracht. Die Feuerwalze war hier schon durch den Wald gefegt, aber überall zwischen den verbrannten Bäumen befanden sich noch viele Brandnester, welche mit unseren Feuerpatschen gelöscht wurden.

Nachts hatten wir dann das Feuer endlich aus, mussten aber weiter auf Posten bleiben, falls noch irgendwo kleinere Flammen wieder aufflackerten. Um uns in der tiefen Dunkelheit die Zeit bis zum Morgen zu vertreiben, machten wir es uns um ein kleines Lagerfeuer bequem und sangen die halbe Nacht Soldatenlieder. Leider fehlten die dazugehörenden, wärmenden Getränke. Morgens wurden wir dann, als es hell wurde, von unserem Sanitätswagen mit Blaulicht und Martinshorn in der weiten schwarzen verbrannten Einsamkeit gesucht und es dauerte eine ganze Weile, bis wir uns bemerkbar machen konnten und dann gefunden wurden.

Der Saniwagen, ein Unimog, wurde von unserem Kraftfahrer Trumpler gesteuert. Nun galt es, alle Soldaten damit in die Kaserne zurückzubringen. Die Feuerpatschen kamen auf den Boden neben die Krankentrage und dann legten wir uns alle flach übereinander, wie die Ölsardinen, bis wir mit den Stiefeln die Decke erreichen konnten. Im Fahrerhaus kamen drei Soldaten plus Fahrer unter. Der Wagen federte nicht mehr, sondern lag wie ein Stein auf der Straße. Im Schneckentempo erreichten wir so die befestigte Straße nach Hambühren und fuhren ganz langsam bis vor den Küchenblock.

Hier wurden wir schon von dem diensthabenden Sanitäter Redderhase erwartet. Redderhase war sehr penibel, wenn es um sein Dienstfahrzeug ging. Bei ihm durften nie mehr als zwei Personen gleichzeitig im Führerhaus sitzen. Als der Fahrer nun die Seitentür öffnete, um die drei Kameraden aussteigen zu lassen, reagierte er noch mit Gebrüll. Als er aber die anderen Soldaten aus dem hinteren Teil des Wagens klettern sah und dann insgesamt einundzwanzig Kameraden mit Gerät vor dem Fahrzeug angetreten waren, verstummte er und verschwand schweigend in seinem Dienstgebäude.

Tage später sah man ihn dann, wie er sein geliebtes Fahrzeug von innen und außen wieder in seinen Urzustand versetzte, waren die Fußabdrücke unserer verrußten Kampfstiefel doch bis an die Decke gleichmäßig verteilt. Darüber, dass wir ihm die, im SanKa gelagerten Hustentabletten alle aufgegessen hatten, konnte er sich schon gar nicht mehr aufregen.

Das Feuer beschäftigte uns mindestens eine Woche. Für einige Soldaten bestand sogar Lebensgefahr, denn sie wurden von einer Feuerwand eingeschlossen und konnten erst im letzten Moment gerettet werden. Zu ihnen zählte auch unser Kompaniechef Hauptmann Neumann, der wie alle anderen an vorderster Front kämpfte. Das Löschfahrzeug, mit welchem sie unterwegs waren, konnte jedoch nicht mehr gerettet werden und wurde ein Opfer der Flammen. Heute erkennt man von der verheerenden Waldbrandkatastrophe nichts mehr, der Wald wurde wieder aufgeforstet. Nur einige Gedenksteine in der Heide mahnen die Wanderer, besonders in trockenen Zeiten, vorsichtig mit dem gefährlichen Feuer umzugehen.